Immer wieder liest man in der Presse von Bränden in Sägewerken. In den Jahren 2015 bis 2017 wurde über insgesamt 79 Sägewerkbrände in Deutschland, Österreich und der Schweiz berichtet. Seit einiger Zeit häufen sich die Meldungen, z. B. vom Verband Deutsche Säge- und Holzindustrie (DeSH), dass es zumindest in Deutschland für Sägewerksbetreiber immer schwieriger wird, Versicherungsschutz zu adäquaten Prämien zu erhalten.1
Nach einem kurzen Abriss über den typischen Aufbau eines Sägewerks sowie die derzeitige Marktsituation und die damit verbundenen Herausforderungen werden im vorliegenden Artikel mögliche Gefahren sowie vorbeugende Schutzmaßnahmen aufgezeigt. Des Weiteren werden Überlegungen zum Underwriting von Sägewerken angestellt.
Definition
Sägewerke sind Wirtschaftsbetriebe, die das von der Forstwirtschaft angelieferte Rundholz zu Brettern, Kanthölzern und Balken verarbeiten. Mitunter sind dem Sägewerk weitere Verarbeitungsschritte nachgeschaltet.
Hauptprodukt ist Schnittholz, das als Brettschichtholz, Konstruktionsvollholz (KVH), Massivholzplatten, Hobelware, Profilholz weiterverarbeitet oder sägerauh für diverse Bauzwecke (Dachkonstruktionen, Dachschalungen, Außenschalungen) verwendet wird.
Anfallende Sägenebenprodukte werden ebenfalls verwertet. So wird Rinde zu Heizzwecken verbrannt (Biomasse) oder zu Rindenmulch verarbeitet; Sägespäne, Sägemehl und Absiebungen werden als Rohstoff in der Faserplattenindustrie verwendet oder zu Pellets gepresst; Hackgut (Hackschnitzel) und Kappholz werden hauptsächlich zur Zellstoffherstellung in der Papierindustrie verwertet, zu Heizzwecken verbrannt oder zu Pellets gepresst.
Die wesentlichen Betriebsbereiche eines Sägewerks sind:
- Rundholzplatz
Anlieferung und Lagerung von Rundholz - Rundholzsortieranlage
Entrindung, elektronische Vermessung und Sortierung - Einschnittlinie (Sägehalle)
Verarbeitung von Rundholz zu Schnittholz. Hauptmaschinen sind Gatter- und Bandsägen; moderne Anlagen nutzen Zerspaner-Kreissäge-Kombinationen, Profilspaner oder Gatter-Kreissäge-Kombinationen. - Schnittholzsortierung
Kanthölzer, Bohlen, Bretter etc. werden elektronisch vermessen und nach Abmessung und Qualität sortiert. - Paketier-/Stapelanlage
Das Schnittholz wird hier für die Lagerung oder Trocknung zu sog. Luftstapeln oder fertigen Versandpaketen zusammengetragen. - Trockenanlage
In Trockenkammern wird das Schnittholz auf die für die Weiterverarbeitung und -verwendung geforderte Holzfeuchtigkeit gebracht. - Fertigwarenlager
Zur Veranschaulichung sind die wesentlichen Verfahrensschritte in der Grafik 1 „Verfahrensschema Sägewerk“ dargestellt.
Sägewerke werden häufig nach ihrem Umsatz klassifiziert. Bei kleinen Sägewerken liegt der Umsatz oft unter EUR 10 Mio. bei einer jährlichen Einschnittmenge von bis zu 50.000 m³; große Sägewerke weisen dagegen meist einen Umsatz von mehr als EUR 50 Mio. bei einer jährlichen Einschnittmenge von 500.000 m³ auf.3 Darüber hinaus gibt es aber auch andere Klassifizierungsschemata, z. B. nach Wertschöpfungsstufen.
In Deutschland verarbeiten 91 % der Sägewerke bis zu 50.000 m³ pro Jahr, mit einem Anteil von 26,7 % an der gesamten Einschnittmenge, während die großen Sägewerke für ca. 77,7 % der Einschnittmenge verantwortlich sind.4
Marktsituation
Für die Sägewerkindustrie in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist der Markt von Überkapazitäten geprägt. Dies liegt u. a. daran, dass die jährliche Holzeinschlagmenge deutlich unter den verfügbaren Einschnittkapazitäten liegt. Insgesamt sind steigende Rundholzpreise und Logistikkosten bei gleichzeitigem Druck auf die Produkterlöse zu beobachten. Zunehmende politische und rechtliche Eingriffe in die Forstwirtschaft (mehr Laubholz, Nutzungseinschränkungen (z. B. Nationalparks, Flächenstilllegungen) sowie erhöhte Produktionsanforderungen (z. B. BImSchG-TA Luft) verstärken diesen Effekt.5 Teilweise wird versucht, durch den Import von Rundholz diese Probleme zu kompensieren.6
In Deutschland7 gibt es noch ca. 2.000 Betriebe mit einer jährlichen Schnittholzproduktion von 21 Mio. m³, in Österreich8 1.100 Betriebe mit einer Rohholzproduktion von 8,7 Mio. m³ und in der Schweiz9 ca. 500 Betriebe mit einer Verarbeitungsmenge von 3,5 Mio. m³ sägefähigem Rundholz.
Insgesamt ist in allen drei Ländern die Sägeindustrie durch Kleinbetriebe geprägt, allerdings verarbeiten einige wenige Großbetriebe 40 % bis 70 % der Gesamteinschnittmenge.10 Entsprechend wird es immer schwieriger für Kleinbetriebe, sich in dem durch Überkapazitäten geprägten Markt zu behaupten. Von Experten wird diese Überkapazität mit einem Faktor von etwa 2,5 geschätzt.11 Betriebsschließungen vor allem kleiner und mittlerer Betriebe führen letztlich nicht zu einer wirklichen Kapazitätsreduzierung.
Insgesamt sind die Exportquoten für gesägtes Holz hoch, weil die Holzwirtschaft als Fundament der Bio-Ökonomie gilt und in diesem Zug Holz zunehmend als notwendige Alternative im urbanen Bauen aber auch für die Energiewende angesehen wird. Daher erlebt der Markt eine steigende Nachfrage und damit einhergehend höhere Absatzpreise. Zusätzlich wird die Wertschöpfung durch Produktinnovationen wie Holzfaser- und Hybridprodukte gesteigert. Aber trotz dieser positiven Entwicklungen wird es für immer mehr Sägebetriebe schwieriger, kostendeckend zu arbeiten, denn die Innovationskosten zur Verbesserung der Wertschöpfung (Prozess- und Verfahrensoptimierungen, Einsatz ressourcenschonender Technik) sind hoch.12 Und wie bereits erwähnt: Die limitierte Verfügbarkeit von Rundholz stärkt die Position der Zulieferer, während die Abnehmer von den nach wie vor existierenden Überkapazitäten profitieren.
Aufgrund dieser Entwicklungen ist ein fortlaufender Konsolidierungsprozess mit einhergehender Ertragskrise zu beobachten. Entsprechend propagieren Fachleute eine Reihe von Veränderungen, die notwendig sind, damit die Sägeindustrie überlebt:13
- Nischenstrategie
- Kundenspezifische Leistungen
- Zusatzleistungen
- Steigerung der Wertschöpfung und Fertigungstiefe sowie Angebot zunehmend veredelter Produkte
Schadenentwicklung
Öffentlich sind nahezu keine belastbaren statistischen Daten zum Schadenaufkommen in der Sägewerkindustrie verfügbar. Lediglich in Deutschland sind vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) einige Informationen auf einem recht hohen Aggregatlevel zu erhalten.14
Eine Auswertung von Pressemitteilungen der Jahre 2015 bis einschließlich 2017 ergab insgesamt 79 Sägewerksbrände in Deutschland (55), Österreich (19) und der Schweiz (5). Hinweise über das Ausmaß und die Schadenhöhen waren nur spärlich verfügbar, insofern lieferte diese Presseauswertung keine belastbaren statistischen Erkenntnisse.
In Deutschland ergab eine Auswertung der Risikostatistik des GDV folgendes Bild:
Nach dieser Statistik erleiden ca. 3 % der Sägewerke in einem Jahr einen Brandschaden. Betrachtet man das Verhältnis des Schadenaufkommens zu den versicherten Werten in einem Jahr, zeigt sich ein sehr volatiler Verlauf (s. Grafik 3). Dieser sog. Schadenssatz (SS) wird berechnet, indem man die gemeldeten Schadenbeträge durch die gemeldeten Versicherungssummen teilt.
Wirft man einen Blick in die Großschadenstatistik des GDV, in der alle Schäden über EUR 0,5 Mio. registriert werden, kann man diese Volatilität auch hier aggregiert über die Jahre erkennen.
Risikopotenzial von Sägewerken
Das Risikopotenzial von Sägewerken ergibt sich aus der Natur der Betriebsaktivität und der Tatsache, dass hier in großem Umfang mit brennbarem Material (Holz) umgegangen wird.15 Besondere Merkmale sind dabei:
- Betriebe aus der Säge- und Holzindustrie gelten als feuergefährliche Betriebsstätten, da betriebsbedingt eine hohe Brandlast vorhanden ist (brennbare Rohstoffe, Fertigungs- und Nebenprodukte). Daneben besteht eine Explosionsgefahr im Bereich der Siebung und Filter-/Bunkeranlagen.
- Häufigste Ursache von Bränden sind Defekte in technischen Anlagen und Einrichtungen (elektrische Anlagen/heiße Oberflächen) sowie menschliches Fehlverhalten/Brandstiftung.
- Die Gebäude bestehen in der Regel aus brennbaren Baustoffen und Bauteilen.
- Oft sind die Platzverhältnisse in den Betrieben beengt, und damit ist auch eine teilweise schlechte Zugänglichkeit für die Brandbekämpfung gegeben.
- Oft fehlen effektive räumliche bzw. bauliche brandschutzwirksame Trennungen (Brandabschnitte, Komplexe) in Gebäuden und zwischen den verschiedenen Betriebsbereichen eines Sägewerks; häufig sind die verschiedenen Betriebsbereiche auch über Fördereinrichtungen miteinander verbunden, sodass sich Entstehungsbrände schnell auf weitere Bereiche des Sägewerks ausbreiten können.
- In der Regel ist keine oder nur partiell eine automatische Brandentdeckung bzw. Löschanlage vorhanden. Nach einer Erhebung des DeSH verfügten 2014 nur 23,7 % der deutschen Sägebetriebe über Sprinkleranlagen. Dabei waren hauptsächlich die größeren Betriebe gesprinklert.16
- In der Regel sind Sägewerke in eher ländlichen Regionen angesiedelt, was auch Auswirkungen auf die Verfügbarkeit und Schlagkraft des abwehrenden Brandschutzes hat (freiwillige Feuerwehren, keine ausreichende/mangelhafte Löschwasserversorgung etc.).
Als besonders gefährdete Bereiche eines Sägewerks gelten:
- Beschichtungsanlage mit Direktbeheizung
- Direkt befeuerte dezentrale Heizungsanlagen in den Produktions-/Lagerbereichen
- Extraktionsanlagen
- Filteranlagen
- Flüssiggasanlagen
- Folienschrumpfanlagen
- Gefahrstoffläger
- Kompressorenanlagen
- Mahlanlagen
- Thermoölanlagen
- Trocknungsanlagen
- Hackschnitzelanlagen
- Trockenkammern
- Absaug- und Filteranlagen
Als häufigste Schadenursachen wurden in den Schadenmeldungen und Pressemitteilungen genannt:
- Brandstiftung
- metallische Fremdkörper
- offenes Feuer (Rauchen)
- brandgefährliche Tätigkeiten (Schweißen, funkenbildendes Schleifen etc.)
- überhitzte Motoren oder heiß laufende Lager (Maschinenteile)
- elektrische Installationen und Schaltschränke
- Heizungsanlagen
- selbstentzündliche Abfälle oder
- Schäden an Hydraulikanlagen
Mögliche Schutzmaßnahmen gegen Brände
Wie das Beispiel Österreich in der Vergangenheit gezeigt hat,17 als sich dort aufgrund der eingetretenen Schäden die Versicherungssituation erheblich verschlechtert hatte, kann durch vorbeugende Brandschutzmaßnahmen das Risikopotenzial von Sägewerken merklich gemildert werden. Nichtsdestotrotz sind diese häufig nicht in ausreichendem Maß in Sägewerken zu finden. Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass viele Betriebe historisch gewachsen sind und die derzeitige wirtschaftliche Situation die Investitionsmöglichkeiten beschränkt. So sind Brandmelde- und Sprinkleranlagen zum vollflächigen Schutz von Gebäuden eher selten vorhanden.18 Bei Betriebsbesichtigungen fällt aber auch immer wieder auf, dass räumliche Abstände zur Lagerung von Holz genutzt werden oder vorhandene Brandwände durch ungeschützte Öffnungen ihre Wirksamkeit verlieren.
Als Folge der Schäden der letzten Jahre haben der DeSH und der GDV beschlossen, einen gemeinsamen Leitfaden zum Brandschutz in Sägewerken auszuarbeiten, um den Brandschutz in den Betrieben zu verbessern und Lösungen für einen bezahlbaren Versicherungsschutz aufzuzeigen. Der Leitfaden liegt z. Z. in einem Entwurf vor und wird voraussichtlich in den nächsten Monaten fertiggestellt.19
Klassische vorbeugende Brandschutzmaßnahmen, wie man sie auch bei anderen Betriebsarten kennt, sind sehr gut auch für Sägewerke geeignet und können das Brandschadenrisiko sowie die möglichen Schadenauswirkungen nach einem Brand in einem Sägewerk erheblich reduzieren. Beispiele für typische vorbeugende Brandschutzmaßnahmen sind:
- Räumlicher/baulicher Brandschutz
Brandwände, Komplextrennwände, räumliche Trennungen, Unterbringung technischer Anlagen in eigenen, feuerbeständig abgetrennten Räumen, feuerwiderstandsfähige Bauweise der Gebäude, Begrenzung der Lagerflächen bzw. Unterteilung in Teillagerflächen.- Rundholzplatz mit Kappanlage
- Holzbe- und -verarbeitung (Sägelinie mit Sortieranlage, Hobelwerk)
- Trockenkammern
- Fertigwarenlager und Versand
- Späne- und Staubsammlung (Silos, Bunker)
- Energieversorgung, Steueranlagen
- Verwaltung
- Lager für brennbare Flüssigkeiten und Arbeitsstoffe
- Filteraufstellräume
- Feuerungs- und Heizungsanlagen
- Kompressorenräume
- elektrische und hydraulische Betriebsräume
- Betriebswerkstätten, Schleif- und Schärfraum
Mit der Unterteilung eines Betriebs in Komplexe bzw. Brandabschnitte soll verhindert werden, dass ein Brand von seinem Entstehungsort auf weitere Bereiche eines Sägewerks überspringt. Insbesondere empfiehlt es sich, die nachfolgenden Bereiche brandschutzwirksam voneinander zu trennen:
Soweit wie nur möglich sollten Gebäude und Läger durch räumliche Abstände von mindestens 20 m voneinander getrennt werden. Diese Freiräume dürfen nicht mit Material belegt werden.
Des Weiteren sollten technische Betriebsräume und Räume mit einer erhöhten Gefährdung mindestens feuerbeständig geschützt werden. Eine solche feuerbeständige Abtrennung empfiehlt sich insbesondere für:
Um die feuerbeständige Abtrennung dieser Räume sicherzustellen, müssen alle Öffnungen und Durchbrüche mit einem adäquaten feuerwiderstandsfähigen Schutz versehen werden. Gleiches gilt auch für notwendige Öffnungen in Brand- und Komplextrennwänden.
Die für das Gebäude verwendeten Baustoffe und Bauteile sollten möglichst aus nicht brennbaren Materialien bestehen, um ein schnelles Übergreifen eines Brands auf die Gebäudekonstruktion zu verhindern. Dies ermöglicht der Feuerwehr ggf. bei frühzeitiger Alarmierung, einen beginnenden Brand in einem Gebäude im Rahmen eines Innenangriffs erfolgreich zu bekämpfen.
- Technischer Brandschutz
Automatische Feuerlösch- und Brandmeldeanlagen (flächendeckend/partiell), Installation von stationären Löschmonitoren für die Freiläger, Funkenlöschanlagen für Förderanlagen, Explosionsschutzmaßnahmen (Filteranlagen, Installation von Blitz- und Überspannungseinrichtungen. Die Anlagen sollten gemäß den geltenden technischen Regeln geplant und von entsprechenden Fachfirmen eingebaut werden, um ihre Funktionstüchtigkeit und Wirksamkeit zu gewährleisten. Brandalarmierungseinrichtungen sollten auf eine ständig besetzte Stelle aufgeschaltet sein, um schnellstmöglich Löschkräfte zu alarmieren. Des Weiteren müssen die Anlagen nach ihrem Einbau regelmäßig gewartet und instandgesetzt werden.
Weitere Brandschutzmaßnahmen, die für ein Sägewerk in Betracht kommen:
- Brandstiftungsschutz
z. B. Zugangskontrolle, Bewachung, Ausleuchtung und Umzäunung des Betriebsgeländes, Überwachungskameras mit kontinuierlicher Aufzeichnung (CCTV), Einbruchmeldeanlagen mit Alarmverfolgung - Explosionsschutz (Bereich der Entstaubungs-/Filter- und Bunkeranlagen)
z. B. explosionsdruckstoßfeste Bauweise, Explosionsdruckentlastung, Explosionsunterdrückungsanlagen, Funkenerkennungs- und -löschanlagen - Betrieblich
z. B. regelmäßige Wartung und Instandhaltung aller Anlagen, Maschinen und Brandschutzeinrichtungen, jährliche Überprüfung der elektrischen Licht- und Kraftanlagen, feuersichere Aufbewahrung brennbarer Flüssigkeiten und Öle, feuersichere Unterbringung von Heizanlagen, Hauptschalter, Thermografie - Organisatorisch
z. B. Unterweisung der Betriebsangehörigen in Brandschutzfragen und der Erstbrandbekämpfung, regelmäßiges Entfernen von Staub und Holzabfällen in den Betriebsstätten, Ordnung und Sauberkeit, Wartung und Instandhaltung, Feuerwehreinsatzplan, BCP, Rauchverbot, Schweißerlaubnisschein, Motivation der Mitarbeiter - Abwehrender Brandschutz
z. B. Feuerlöscher, Wandhydranten, Löschwasserversorgung, Hydranten, Feuerwehr, regelmäßige Feuerwehrübung mit den örtlichen Feuerwehren - Schadenminderung
z. B. Business Continuity Plan, Duplizierung wichtiger Unterlagen, Ausweichmöglichkeiten zur schnellen Wiederaufnahme der Produktion, Diversifizierung der angebotenen Leistungen (z. B. Handel/Produktion), vertragliche Vereinbarungen mit befreundeten Unternehmen zur gegenseitigen Unterstützung im Schadenfall
Wie schon erwähnt, erarbeiten z. Z. der DeSH sowie der GDV einen Leitfaden zum Brandschutz in Sägewerken (VdS 3520). Er gibt Hinweise zur Vermeidung von Bränden und Explosionen und deren Auswirkungen speziell in Sägewerken und bei den sägewerktypischen Weiterverarbeitungsprozessen wie Dämpfen, technisches Trocknen, Hobeln, Kappen und Imprägnieren. Darüber hinaus werden organisatorische, verfahrenstechnische, bauliche, anlagentechnische Schutzmaßnahmen sowie Maßnahmen des abwehrenden Brandschutzes empfohlen.
Überlegungen zum Underwriting
Das Totalschadenpotenzial ist aufgrund der Betriebsart mit seiner insgesamt hohen Brandlast, der zu erwartenden schnellen Brandausbreitung und der häufig fehlenden Trennungen zwischen Lägern und Gebäuden als hoch einzustufen. Der Verarbeitungsprozess ist zunehmend stark automatisiert, und die einzelnen Bereiche sind mit Fördereinrichtungen verbunden, sodass ein Sägewerk häufig einen einzigen zusammenhängenden Brandkomplex darstellt. Das bedeutet, der maximal mögliche Schaden (Maximum Possible Loss – MFL) in einem Sägewerk ist in der Regel mit 100 % der versicherten Werte anzunehmen, einschließlich eventuell vereinbarter Erstrisikopositionen.
Nach Schadenfällen ergeben sich immer wieder Unterschiede zwischen den tatsächlich vorhandenen und den gemeldeten/versicherten Werten, sodass unter Umständen eine Unterversicherung besteht. Es empfiehlt sich deshalb, die berichteten Versicherungswerte mindestens einmal im Jahr auf Plausibilität und Adäquanz zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen.
Als besonderer Engpass stellen sich immer der Sägebereich mit den Sägeanlagen sowie die Profilier-/Spanerlinie heraus. Die Lieferfristen für wichtige Anlagen, z. B. Sägelinie, können erfahrungsgemäß zwölf Monate deutlich überschreiten; insofern ist es empfehlenswert, die zu erwartenden Lieferfristen für die Hauptverarbeitungsanlagen, z. B. Einschnittlinie, abzufragen und regelmäßig zu überprüfen, denn Veränderungen auf dem Weltmarkt können zu erheblichen Schwankungen führen. Häufig werden solche Anlagen nur auf Bestellung nach Kundenspezifikation gefertigt. Die Versicherungssumme und die Haftzeit einer eventuellen Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung sollten entsprechend korrespondieren.
Die Minderung eines möglichen Betriebsunterbrechungsschadens ist nach unseren Schadenerfahrungen eher problematisch, es sei denn, Ausweichbetriebe mit belastbaren Kapazitäten sind vorhanden, oder es können in der Nähe stillgelegte, aber noch produktionsbereite Sägebetriebe genutzt werden. Aber auch in einem solchen Fall sind entsprechende Mehrkosten zu erwarten, die in die Underwriting-Überlegungen einbezogen werden sollten.
Vorhandene Brandschutzmaßnahmen in einem Sägewerk sollten kritisch hinterfragt und auf ihre tatsächliche Löschwirksamkeit untersucht und bewertet werden. Denn es zeigt sich immer wieder bei Betriebsbesichtigungen, dass Brandschutzanlagen zwar vorhanden sind, aber erhebliche Mängel aufweisen, die ihre Schutzwirkung in Frage stellen.
Sägewerkbetriebe sollten regelmäßig durch Versicherungsingenieure besichtigt werden, die die jeweilige Risikosituation vor Ort aufnehmen, Schwachstellen feststellen und adäquate vorbeugende Maßnahmen vorschlagen, um das Brandrisiko zu senken. Festgestellte Mängel, z. B. an Löschanlagen, an der Löschwasserversorgung oder unwirksame Brandschutztrennungen sollten zeitnah und ordnungsgemäß behoben werden und ihre Behebung durch den Versicherungsnehmer gemeldet werden.
Um das Totalschadenrisiko im Brandfall zu reduzieren, erscheint es aus den derzeitigen Erfahrungen als nahezu zwingend, die
- Gebäude und Anlagen mit einer automatischen Feuerlöschanlage zu schützen sowie
- Bereiche mit brandschutzwirksamen Trennungen voneinander zu entkoppeln, z. B. durch ausreichende Abstände und Brandwände. Der Abstand zwischen Gebäude/Gebäudekomplexen und Lägern im Freien sollte mindestens 20 m betragen.
Zusammenfassung
Sägewerke weisen aufgrund ihrer Betriebsart sowohl in der Frequenz als auch bei der Schadenschwere eine statistisch signifikante Größenordnung auf. Aufgrund ihrer Anordnung bilden sie feuertechnisch oft einen zusammenhängenden Brandkomplex bei einem unterdurchschnittlichen Brandschutzstandard, sodass bei einem Brand mit einem erheblichen Schadenausmaß, wenn nicht sogar einem Totalschaden zu rechnen ist.
Entsprechend den Rückmeldungen der Sägewerksverbände und aus Gesprächen mit Erstversicherern lässt sich erkennen, dass man sich der Problematik bewusst ist, was sich u. a. auch in einer entsprechenden restriktiveren Zeichnungspolitik einzelner Versicherer niederschlägt.
Um eine Trendwende herbeizuführen und insbesondere die Frequenz wie auch die Schadenschwere signifikant zu reduzieren, erscheint ein Schutz der Sägewerke durch die Installation adäquater stationärer Feuerlöschanlagen zwingend erforderlich, was sicherlich aber auch eine besondere finanzielle Herausforderung für die jeweils betroffenen Sägebetriebe darstellen wird.